Familienaufstellungen
Informationen zum Vorgang und zu den Voraussetzungen des Familienstellens
Weshalb Familienaufstellungen?
Ich persönlich habe die Familienaufstellungsarbeit als die größte und effektivste Erweiterung meiner therapeutischen Arbeitsweise seit meiner Entdeckung und „Erlebung“ der Gestalttherapie erlebt.
Es hat sich bei ungezählten Therapien in den letzten Jahren immer wieder, teilweise sehr drastisch gezeigt, dass für das Leben nicht nur die biographische Ebene, d.h. das, was mir im Laufe meines Lebens an Gutem und Bösem widerfahren ist, maßgeblich ist, sondern mindestens genauso wichtig für mein Leben und was ich Gutes oder Schlechtes daraus mache, eventuelle Verstrickungen mit dem Schicksal von Menschen, die zu meinem Herkunfts- bzw. Gegenwartssystem gehören.
Wobei nach den Erfahrungen der Familienaufstellungsarbeit:
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Schuld gegen das Leben
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Das Nichtanerkennen von Zugehörigkeit
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Nichtanerkennen des Vorranges bei längerer Systemzugehörigkeit innerhalb des Familiensystems
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Nichtanerkennen des Vorranges eines neuen Systems vor dem alten System (zwischen Systemen – Gegenwartssystem hat Vorrang vor Herkunftssystem)
dazu führt, dass Nachgeborene solch ein Geschehen auszugleichen versuchen, indem sie unbewusst durch Verstrickung mit diesen Ausgeschlossenen, mit fremdem schweren Schicksal, fremder Schuld und Defiziten mehr auf ihre Schultern laden, als sie zu tragen und zu lösen imstande sind. Dies kann chronische Überforderungen, Schwierigkeiten in Beruf und Partnerschaft bis hin zu schwerer Krankheit, Depression, Psychosen, Sucht und Selbstmord zur Folge haben.
In der Familienaufstellungsarbeit werden nun solche Dynamiken sichtbar und erlebbar gemacht und gleichzeitig über sogenannte Lösungsbilder und heilende Sätze und einfache, intensive Rituale die sogenannte „Ordnung der Liebe“ sichtbar und spürbar gemacht, wodurch an die Stelle der tragischen Verstrickung die liebende Verbindung treten kann,
die die Vergessenen, diejenigen, denen Unrecht zugefügt wurde und die mit einem schweren Schicksal liebevoll und achtungsvoll im Blick hat.
Und indem nun diesen Angehörigen mit ihrer Bürde auch ihre Würde wiedergegeben worden ist, ist es möglich, das eigene Schicksal vom fremden auseinander zuhalten, die Grenzen der eigenen Möglichkeiten zu respektieren.
So können die, zu denen keiner hinschauen wollte, vom inneren Bild her zu einer guten Kraft werden, die uns dabei unterstützt, unser Leben für uns und die Welt fruchtbar zu machen.
Wobei noch einzufügen ist, dass mit dieser Methodik grundsätzlich alle sozialen Systeme repräsentierbar sind.
Es sind z.B. auch Aufstellungen von Firmenstrukturen oder politischen Strukturen möglich. Wo oft sehr schnell die Punkte sichtbar werden, an denen das System krankt und was in den Blick gebracht gehört, damit gute Lösungen gangbar werden.
Hier haben Matthias Varga von Kibed und Insa Sparrer intensive Pionierarbeit geleistet mit der Entwicklung der „Systemischen Strukturaufstellungen“.
Basis für diese Arbeit ist die „Repräsentierende Wahrnehmung“ wie sie Matthias Varga von Kibed genannt hat und das phänomenologische Vorgehen.
Repräsentierende Wahrnehmung bezeichnet die Fähigkeit von Menschen , Beziehungsstrukturen fremder Systeme angemessen widerzuspiegeln, ohne dazu inhaltliche Informationen zu benötigen. Wobei diese Fähigkeit am ehesten mit Feldbegriffen beschreibbar ist. –
Wir Menschen haben die Fähigkeit, dass wir intuitiv Zugang zu den wesentlichen Informationen über die bestimmenden Kräfte des Menschen, (oder Systemelementes bei anderen als Familiensystemen) bekommen, für den wir stehen und können dies über Körperempfindungen, Gefühle, Bewegungsimpulse und Bilder wahrnehmen, wenn wir uns räumlich innerhalb dieses Feldes befinden.
Sobald wir aus dem Feld gehen, erlischt auch die Identifikation.
Wie geht eine Familienaufstellung klassischerweise vor sich?
In der Aufstellungsgruppe sitzen die Teilnehmer/innen im Kreis und nachdem sich alle vorgestellt und etwas kennengelernt haben, besteht für die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer die Möglichkeit, ihr Problem bzw. ihre persönliche Fragestellung im Gespräch mit der Gruppenleiterin / dem Gruppenleiter zu erarbeiten und zu äußern. Hierbei werden auch die wichtigsten Familiendaten erkundet.
Das Gruppenmitglied, das aufstellt, wählt nun andere Gruppenmitglieder als Repräsentanten für die Mitglieder seines Systems . Die gewählten Gruppenmitglieder werden durch die Fragestellerin / den Fragesteller im Raum aufgestellt.
Die Repräsentanten äußern sich unter Anleitung des Gruppenleiters und treten so in Austausch mit dem System und können für sich und in Folge für die Aufstellenden vorteilhaftere Positionen im System finden. Hierbei werden sie durch Nachfragen hinsichtlich ihrer Befindlichkeit durch die Leiterin / den Leiter sanft geführt.
Nachdem das System zu einer stärkenden neuen Ordnung gekommen ist, kann die oder der Aufstellende ihre / seine Position einnehmen und sich auf diese Erfahrung, dieses neue Bild, diese harmonischere und stärkende Ordnung einlassen und sie und damit sich und die eigene Position im System festigen. Häufig sind hier lösende Sätze notwendig, die sowohl der Orientierung im System dienen, als auch Akzeptanz und damit Neuorientierung unterstützen.
Die innere Neuorientierung auf die gestärkte Position im System hin kann beginnen und die Aufstellerin / der Aufsteller können bisher blockierte Energien freisetzen.
Oft wirkt das erreichte Bild noch lange nach und verschiedene neue und stärkende Aspekte treten in Erscheinung.
Wie kann ich mich auf meine Aufstellung vorbereiten?
Sie sollten sich vorher über Ihre Familie informieren. Fragen Sie Ihre Eltern, Geschwister und andere Angehörige nach toten, vermissten oder früh erkrankten Angehörigen, gestorbenen, abgetriebenen oder abgegangenen Kindern, Familiengeheimnissen, Verbrechen, früheren Beziehungen, Kindern aus anderen Beziehungen, Krieg, Flucht und Vertreibung.
Je mehr Sie erfahren, desto einfacher, klarer und hilfreicher kann die Aufstellung für Sie werden. Wichtig sind dabei besonders die leiblichen Vorfahren aus der eigenen Linie.
Siehe auch Checkliste: Familienaufstellung Vorbereitungsblatt.
Literaturempfehlungen:
- Schneider, Jakob: Das Familienstellen, Grundlagen und Vorgehensweisen, Carl Auer Verlag, Heidelberg
- Matthias Varga von Kibed: Ganz im Gegenteil, Carl Auer Systeme Verlag
- Sparrer Insa: Wunder, Lösung und System, Carl Auer Systeme Verlag
- Hellinger, Bert & ten Hövel, Gabriele: Anerkennen was ist, Kösel Verlag, München
- Hellinger, Bert: Verdichtetes, Carl Auer Verlag, Heidelberg, 1997
- Franke, Ursula: Systemische Familienaufstellung, Profil Verlag, München
- Weber, Gunthard, Hrsg.: Praxis der Organisationsaufstellungen, Carl Auer Verlag, Heidelberg